Vermächtnis- oder Teilungsanordnung?

Hat der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag angeordnet, dass ein Erbe einen Gegenstand oder eine Immobilie erhält, so stellt sich die Frage, ob er diese Immobilie zusätzlich zu seinem Erbteil bekommt oder er sie sich auf sein Erbteil anrechnen lassen muss. Was gemeint ist, ist – sofern keine eindeutige Anordnung im Testament erfolgt – im Wege der Auslegung zu ermitteln. Ergibt sich, dass der zugewendete Gegenstand zusätzlich zu der Erbquote (beispielsweise je ½ bei zwei Miterben) zugewendet werden soll, so handelt es sich um ein sogenanntes Vorausvermächtnis. Diese Zuwendung erhält er ohne Anrechnung auf seinen Erbteil, d. h. der Rest des Nachlasses wird dann entsprechend der Quote (z.B. ½) geteilt. Anders ist es bei der Teilungsanordnung. Hier bestimmt der Erblasser lediglich welche Gegenstände ein Erbe erhält. Sind zwei Erben zu je ½ eingesetzt, so haben sich die Erben die jeweiligen Zuwendungen auf ihren Erbteil anrechnen zu lassen, ggf. Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn der zugewendete Gegenstand wertmäßig größer ist als die Erbquote. (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 27.11.2013 – 5 U 851/13)

Stefan Graffert Rechtsanwalt