Kein Rückbau trotz Unterschreitung von Abstandsflächen

Das OVG Niedersachsen hat mit Urteil vom 16.02.2012 (1 LB 19/10) entschieden, dass alleine ein Abstandsflächenverstoß für eine Rückbauanordnung nicht ausreicht. Vielmehr wird zusätzlich gefordert, dass durch die Abstandsflächenunterschreitung spürbare Beeinträchtigungen hervorgerufen werden.

Dies hat das OVG im vorliegenden Fall verneint. Der Bauherr hatte eine Garage in einem Abstand von 1,70 Meter zur Grenze des Nachbarn errichtet. Die maximal zulässige Höhe von 3 Meter war jedoch um 30 cm überschritten.

Das OVG hat eine spürbare Beeinträchtigung des Nachbarn abgelehnt, da die Belichtung nicht eingeschränkt war und zum anderen ein rechtmäßiger Alternativbau, nämlich eine 3 Meter hohe Garage unmittelbar an der Grenze, den Nachbarn wesentlich mehr belastet hätte.

Zu beachten ist, dass diese Entscheidung nicht unbedingt verallgemeinert werden darf. Normalerweise führt auch ein relativ geringfügiger Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften (z.B. 10-30 cm) dazu, dass die Verwaltungsgerichte einen Rückbau anordnen.

Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass eine rechtmäßige Ausführung der Grenzgarage den Nachbarn sogar noch wesentlich mehr belastet hätte.

Im Übrigen sieht die niedersächsische Bauordnung in den Abstandsflächen-vorschriften selbst einen gewissen Spielraum vor, da der Abstand dort auf volle 10 cm abgerundet werden darf.

Auch sind die Abstandsflächen nach der niedersächsischen Bauordnung relativ großzügig ausgestaltet.

Die Entscheidung darf deshalb nicht unbesehen auf die Abstandsflächenvorschriften in den anderen Bundesländern übertragen werden.

Wolfgang Baur Rechtsanwalt