Private Unfallversicherung: Invaliditätsbemessung durch Bezugnahme auf Gliedertaxe bei Schädigung im Halswirbelbereich
BGH, Beschluss vom 27.09.2017 – IV ZR 511/15 (OLG München)
Der Bundesgerichtshof hatte in einem Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision ebenfalls Ausführungen zu einem in der Rechtspraxis der privaten Unfallversicherung häufig vorkommenden Problem getätigt.
Bei der Bemessung der Invalidität nach einem folgenreichen Unfallereignis wird stets die Gliedertaxe in den AUB hinzugezogen, um den Wert der Invalidität eines jeweiligen Körperglieds zu bestimmen. Diese Gliedertaxe ist allerdings nicht abschließend. So sind in der Gliedertaxe nicht sämtliche Körperteile und Körperregionen aufgeführt. Deswegen kommt es beispielsweise bei Schädigungen der Schulter oder einzelner Wirbel der Wirbelsäule nicht zu einer direkten Berechnungsmöglichkeit der Invalidität über die Gliedertaxe.
Im vorliegenden Fall hatte der Versicherungsnehmer unfallbedingt eine Schädigung mit Dauerfolgen im Halswirbelbereich erlitten, die allerdings auch Auswirkungen auf die Schulter und den sich daran anschließenden Arm hatten. Für die Bemessung der Invalidität hat der BGH in einem solchen Fall ausgeführt, dass der Tatrichter des Gerichts bei einer Schädigung, die zwar im Halswirbelbereich befindlich ist, sich aber unter anderem auf die Schulter und letztlich aber vor allem auf die Funktionsfähigkeit eines Armes auswirkt, die Gliedertaxe mit ihrem Armwert gleichwohl hinzuzuziehen ist. Hierdurch sollen Wertungswidersprüche zu den pauschalierten Invaliditätsgraden der Gliedertaxe vermieden werden. Es sollen letztlich für ein und dieselbe Ausprägung einer körperlichen Beeinträchtigung nicht unterschiedlich hohe Invaliditäten zugesprochen werden.
In der Praxis kommt es leider häufig vor, dass bei Körperregionen, die nicht explizit in der Gliedertaxe der AUB aufgeführt sind, zu niedrige Invaliditätsbemessungen durch den privaten Unfallversicherer bzw. durch von diesem beauftragte medizinische Gutachter festgelegt werden.
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