Lebensversicherung: Widerspruchsrecht besteht trotz Inanspruchnahme eines Policendarlehens
Das Kammergericht Berlin, Urteil vom 28.02.2017 (6 U 86/16) hatte folgenden Fall zu entscheiden:
Ein Versicherungsnehmer erklärte den Widerspruch gegen seine noch bestehende Lebensversicherung wegen einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung und kündigte hilfsweise den Vertrag. Der Lebensversicherer akzeptierte zwar die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus, lehnte jedoch eine Rückabwicklung des Lebensversicherungsvertrages infolge des erklärten Widerspruchs ab, mit der Begründung, der Versicherungsnehmer habe während der Laufzeit des Versicherungsvertrags ein Policendarlehen in Anspruch genommen. Der Versicherungsnehmer hätte dadurch sein Widerspruchsrecht verwirkt.
Das Landgericht als Vorinstanz hat die Klage des Versicherungsnehmers auf Rückabwicklung des Lebensversicherungsvertrags abgewiesen. Das Kammergericht Berlin, als Berufungsgericht, hat der Klage zumindest dem Grunde nach stattgegeben. Demnach ist die Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 5 a VVG a. F. bei einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung nicht deshalb treuwidrig, weil der Versicherungsnehmer ein Policendarlehen in Anspruch genommen hat. Das Kammergericht Berlin führt aus, dass die Inanspruchnahme eines solchen klassischen Policendarlehens zu keinem schutzwürdigen Vertrauen des Lebensversicherers in den Bestand des Versicherungsvertrags führt und deswegen auch eine widersprüchliche und unzulässige Rechtsausübung des Versicherungsnehmers, so behauptete es der Lebensversicherer im Prozess, nicht vorliegt. So stellt die Inanspruchnahme eines Policendarlehens lediglich eine Vorauszahlung auf die später ohnehin fällig werdende Versicherungssumme dar. Der Versicherungsnehmer deckt bei Inanspruchnahme des Darlehens lediglich einen aktuell bestehenden Liquiditätsbedarf. Weitergehende Rechte kann der Lebensversicherer bei einem Policendarlehen nicht ableiten.
Sollten auch Sie einen berechtigten Widerspruch gegenüber Ihrem Lebensversicherer erklärt haben und beruft sich dieser in seinem ablehnenden Schreiben auf ein ursprünglich von Ihnen in Anspruch genommenes Policendarlehen, so sollten Sie fachkundigen Rechtsrat hinzuziehen und den Vorgang rechtsanwaltlich überprüfen lassen. Als Fachanwalt im Versicherungsrecht steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Kern gerne zur Verfügung.