Erbschein trotz notariellem Testament
Die Rechtsnachfolge in einem Erbfall für ein Grundstück kann grundsätzlich mit einem notariellen Testament nachgewiesen werden. Ist das Testament eindeutig und bestehen keine Auslegungszweifel, so kann auch das Grundbuchamt die Eintragung aufgrund der öffentlichen Urkunde, des Testamentes, vornehmen.
Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser jedoch in zwei verschiedenen notariellen Testamenten zunächst eine Alleinerbeneinsetzung zugunsten seiner Ehefrau und zusätzlich eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten der Nichte verfügt. Da somit nicht allein aus den Urkunden klar geworden ist, ob es sich um eine Alleinerbeneinsetzung im Sinne einer Vollerbschaft handelt oder ob eine Vor-/Nacherbfolge angeordnet war, ist die Einholung eines Erbscheines für das Grundbuchamt erforderlich geworden. Denn nur in diesem Verfahren kann geklärt werden, welche tatsächliche Rechtsfolge sich aus den beiden Testamenten ergibt (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 18. August 2015 – 15 W 332/15).
Stefan Graffert Rechtsanwalt Fachanwalt für Erbrecht