Coronavirus: Absage und Stornogebühr?

Kann der Veranstalter von dem Nutzer eine Stornogebühr verlangen, wenn die Veranstaltung wegen des Coronavirus aufgrund eines behördlich angeordneten Veranstaltungsverbots abgesagt wurde?

Fall: Ein Kunde hat mit einem Veranstalter die Überlassung eines Raumes vereinbart, um dort eine Veranstaltung (Tanzveranstaltung, Abi-Ball etc.) abzuhalten.

Nach Abschluss des Vertrages erlässt die zuständige Behörde ein Veranstaltungsverbot aufgrund des Coronavirus.

Der Kunde hat an den Veranstalter bereits einen Vorschuss gezahlt.

Der Veranstalter weigert sich nunmehr, dem Kunden den Betrag zurück zu bezahlen.

Ein solcher Anspruch des Veranstalters besteht grundsätzlich nicht.

Vielmehr ist er verpflichtet, dem Kunden den ganzen Vorschuss zurück zu bezahlen:

Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt, dass der Schuldner keinen Anspruch auf die Gegenleistung, hier die Saalmiete, hat, wenn er seine Hauptleistung aufgrund einer eingetretenen Unmöglichkeit nicht erbringen kann.

Bei einem behördlichen Veranstaltungsverbot liegt rechtliche Unmöglichkeit vor. Denn der Leistung (hier der Vermietung zum Zwecke der Durchführung der Veranstaltung) steht ein Rechtshindernis entgegen.

Aus dieser gesetzlichen Systematik ergibt sich also, dass der Schuldner, hier also der Vermieter, die sogenannte Vergütungsgefahr trägt. Der Grundsatz lautet also: Keine Gegenleistung ohne Hauptleistung.

Häufig versuchen nun Veranstalter, die ihnen obliegende Vergütungsgefahr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Kunden abzuwälzen.

Dies geschieht vielfach in Form der Erhebung einer Stornogebühr, der Geltendmachung einer Vertragsstrafe oder eines pauschalierten Schadenersatzes.

Hier muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine solche Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ist.

Eine solche Regelung ist aber bedenklich, weil damit von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zum Nachteil des Kunden abgewichen würde. Denn nach der oben genannten Gesetzeslage trägt der Veranstalter die Vergütungsgefahr.

Eine Vertragsstrafe könnte der Veranstalter ebenfalls nicht geltend machen. Denn die Geltendmachung der Vertragsstrafe setzt bei dem Kunden Verschulden voraus.

Das behördliche Veranstaltungsverbot hat der Kunde aber selbstverständlich nicht verschuldet.

Gleiches gilt auch dann, wenn der Veranstalter einen sogenannten „pauschalierten Schadenersatz“ geltend machen will. Ein pauschalierter Schadenersatzanspruch bleibt ein Schadenersatzanspruch. Ein Schadenersatzanspruch setzt aber ebenfalls Verschulden voraus. An einem solchen Verschulden des Kunden fehlt es, wenn wegen des Coronavirus ein behördliches Veranstaltungsverbot verhängt wird.

Derartige Klauseln wären wohl auch kaum mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar. Dieser hat mit Urteil vom 26.09.2013 – C-509/11 entschieden, dass Klauseln unwirksam sind, die Bahnreisenden bei höherer Gewalt einen Anspruch auf Entschädigung versagen.

Der Erlass eines Veranstaltungsverbotes aufgrund des Coronavirus ist mit höherer Gewalt vergleichbar.

Es ist deshalb auch unerheblich, ob der Kunde die Veranstaltung aufgrund des behördlichen Veranstaltungsverbotes ausdrücklich absagt oder nicht. Denn die rechtliche Unmöglichkeit ergibt sich nicht aus der Absage, sondern aus dem Umstand, dass die Behörde eine Maßnahme nach dem Infektionsschutzgesetz getroffen hat.

Gleiches gilt auch für andere Ereignisse, die aufgrund eines behördlichen Verbots entfallen (z.B Fussballspiele, Hotelbuchungen, wenn das Hotel wegen eines Aufenthaltsverbots nicht angefahren werden kann).

Beide Vertragspartner sollten hier versuchen, Meinungsverschiedenheiten zunächst gütlich zu lösen. Wenn eine Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden kann, kann vereinbart werden, dass der Kunde dann diese Veranstaltung wahrnimmt und der Veranstalter den Vorschuss behalten darf.

Wolfgang Baur Rechtsanwalt